5. Morgendliches Trinken

Im ursprünglichen Jellinek Phasenschema des Alkoholismus steht das regelmäßige morgendliche Alkoholtrinken auf der Phasenstufe 39 von insgesamt 42 Stufen, wobei mit jeder höheren Stufe der fortschreitende Verlauf der Alkoholkrankheit beschrieben wird. Morgendliches Alkoholtrinken gehört  zur kritischen Phase und markiert den Übergang zur chronischen Phase (Jellinek, 1952) des Alkoholismus. Typischerweise dient es Alkoholabhängigen in dieser Spätphase zur Bekämpfung von Alkoholentzugssymptomen, die sich durch die reduzierte Alkoholzufuhr in der   Schlafphase eingestellt haben.

Auch bei nicht-süchtigen Alkoholkonsumenten ist morgendlicher Alkoholgenuss mit den Erfordernissen des täglichen Lebens in einer  Leistungsgesellschaft weitgehend unvereinbar, bspw. Mit den Geboten des Unfallschutzes am Arbeitsplatz oder im Straßenverkehr. Dies gilt verstärkt in Zeiten des wachsenden Leistungsdruckes im Berufsalltag, wo bspw. Alkoholbedingte Leistungseinbußen unerwünscht sind. Wiederholter Alkoholkonsum am Arbeitsplatz ist nicht seltener ein Kündigungsgrund. Üblicherweise ist Alkoholkonsum in Deutschland in den Abendstunden, also außerhalb der Arbeitszeit, verbreitet. Morgendliches Alkoholtrinken wird gesellschaftlich nicht gebilligt, und es ist in den Augen vieler Menschen darüber hinaus ein Hinweis darauf, dass das Alkoholtrinken des Betroffenen süchtig entgleist ist. Die Tatsache, dass im vorigen Jahrhundert morgendliches Alkoholtrinken bspw. bei Arbeitskräften im landwirtschaftlichen Bereich nicht ungewöhnlich war und akzeptiert wurde, ändert daran nichts.

Suchtberater machen immer wieder die Erfahrung, dass morgendliches Alkoholtrinken als ein Merkmal unkontrollierten Alkoholtrinkens zu werten ist. Es findet sich typischerweise bei der Untersuchung der  Trinkmuster süchtiger Trinker. Die meisten Alkoholkonsumenten wissen intuitiv und ohne besondere Kenntnisse über Alkoholismus, dass morgendliches Trinken unangemessen, bedenklich und gesellschaftlich nicht akzeptiert ist.

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